Von Stephan Sallermann
Ich selbst beschäftige mich jetzt seit etwa 50 Jahren mit dem Thema. Die allgemeine Meinung dazu war bis in die 1990er Jahren recht konsequent, wenn man schon füttert, dann nur im Winter. Ansonsten müssen die Vögel ihre Nahrung selbst in der freien Natur finden. Selbst das war aber auch unter Vogelfreunden schon vor 50 Jahren umstritten. Es gab immer Naturfreunde, die es stets besser fanden, dass viele Geld, das für den Futterkauf verwendet wird, besser in direkten Lebensraumschutz zu investieren.
Bis heute wird das Für- und Wider heftig diskutiert. Dabei ist klar, dass die aktive Fütterung natürlich nur den Standvögeln hilft. Die ziehenden insektenfressenden Raritäten haben selbstverständlich nicht so viel davon. Aber was heißt das? Was ist selten? In der heutigen Zeit kann man eigentlich kaum noch von Arten sprechen, die es in so großer Zahl gibt, dass eine Gefährdung ausgeschlossen ist. Es gibt eine große Zahl an Krankheiten, die unsere Vögel befallen können. Viele sind durch die Globalisierung eingeschleppt worden. Die natürlichen Nahrungsgrundlagen sind in unserer ausgeräumten und durch Umweltgifte belasteten Landschaft für alle Arten verschlechtert. Der Insektenmangel gilt auch für Arten, die im Winter noch aktiv sind. Eine Vogelart, die jetzt noch allgegenwärtig ist, kann in wenigen Jahren plötzlich eine Rarität sein. Ich bin somit ein Verfechter für die Vogelfütterung. So kann man helfen, das was wir haben, nachhaltig zu unterstützen. Ich bin sogar der Meinung, dass in unserer angegriffenen Umwelt das Füttern von Vögeln zu einer Artenschutzaufgabe geworden ist.
In der Zeit vor ca 30 Jahren war das klassische Futterhaus das ziemlich einzige Hilfsmittel zur Ausgabe von Vogelfutter schlechthin. Bis heute werden die verschiedensten Modelle angeboten. Gerne dürfen Sie wie ein Schwarzwaldhaus, eine Berghütte oder ein nordisches Rieddachhaus aussehen. Auch ganz klein können sie sein, so dass sie auf jeden Balkon passen. Alle Modelle haben eines gemeinsam: die Vogel können hineinschlüpfen, in dem Futter herumlaufen und es mit Kot verschmutzen. Das ist ein Problem, das Futter wird verschmutzt und Krankheiten werden verbreitet. Da man so einen großen Schaden anrichten kann, ist es auf jeden Fall sinnvoll Futterspender zu verwenden, bei denen die Vögel zur Futteraufnahme stets vor der Ausgabeöffnung sitzen. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Der Handel bietet einiges an. Da man ja nicht nur Kletterkünstler wie die Meisenarten füttern will, sollte die Sitzstange oder die Ansitzfläche davor so groß sein, dass auch ein Vogel wie eine Drossel anfliegen kann. Da ich der Meinung bin, dass jeder Vogelart geholfen werden sollte, kann man sich auch noch selbst etwas einfallen lassen und selbst etwas konstruieren.
Bei der Auswahl des Futters bin ich über die Jahre auf den Nenner gekommen, dass Sonnenblumenkerne die absolut beste Wahl sind. Ausnahmslos alle angesprochenen Vogelarten fressen die sehr gerne. Das so als vielseitig angepriesene Mischfutter wird selektiv von den verschiedenen Arten aufgenommen. Beim Sortieren landet ein Großteil dann auf dem Boden. Der Bereich unter dem Futterplatz wird stark verschmutzt. Klar, dass sich eine Vielzahl von Kostgängern einfindet, um eine Nachlese zu betreiben. Um den Futterplatz aber optimal sauber zu halten sind geschälte Sonnenblumenkerne die richtige Wahl. Die werden nahezu völlig rückstandsfrei aufgepickt. Einige Körner fallen noch hinunter, die dann Tauben und andere Arten schnell aufnehmen.
Gerne wird auch Fettfutter verwendet, das in Kugelform im Handel zu bekommen ist. Diese im Handel erhältlichen Futter- oder Meisenknödel bestehen aus pflanzlichem oder tierischem Fett und weiteren Zuschlagsstoffen. In letzter Zeit ist hier das Angebot größer geworden. So gibt es welche mit dem Schwerpunkt einer Körnermischung und Nüssen. Andere beinhalten noch getrocknete Beeren und wieder andere sogar Insekten. Hier ist also neben den Sonnenblumenkernen noch eine zusätzliche abwechslungsreiche Auswahl möglich. Diese Knödel sollten unbedingt aus ökologischen Gründen ohne Netz gekauft werden. Es gibt im Handel inzwischen die verschiedensten gitterförmigen Röhren, in denen man mehrere Kugeln unterbringen kann. Diese größeren Konstruktionen können auch von einigen anderen Vogelarten angeflogen werden als nur von Meisen.
Im Zuge des Insektenrückganges ist der Futtermittelhandel sehr schnell darauf gekommen, dass Knödel mit getrockneten Insekten eine Bereicherung sind. In sehr ausgeräumten Gegenden, kann hiermit bedingt auch im Frühjahr Arten geholfen werden, die zur Fütterung ihrer Jungen Insekten benötigen. Reine Insektenfresser, wie z.B. Zaunkönige, Schnäpper, Grasmücken und Rotschwänze nehmen dieses Futter aber nicht an. Ich konnte das jedenfalls nicht nachweisen.
Die aufgeführten Futtermittel sind am besten in Gartencentern, beim Raiffeisenlandhandel oder in einigen Baumärkten zu bekommen. Was Drogeriemärkte und Supermärkte anbieten entspricht in der Regel nicht meinen Beispielen, geht aber natürlich zu Not auch. Ich habe hier beschrieben, wie man die Darreichung optimiert.
Die Futterstelle befindet sich gerne über einer unbefestigten Fläche. Rasen und Wiese sind geeignet. Oder ein Pflanzbeet. Dann kann bei Regen angefallener Kot in den Untergrund gespült werden. Zeitweise den Boden dazu etwas auflockern. Wählt man eine befestigte Fläche, ist der Untergrund natürlich regelmäßig zu säubern.
Bei trockenem Wetter streue ich gerne zusätzlich auch immer einmal eine Handvoll Körner oder einen zerriebenem Futterknödel breit auf die Wiese oder einer offenen Pflanzfläche. Die Vögel nehmen das gerne an.
Ein Hinweis: Beim Landhandel gibt es die Dinge in großen Gebinden zu kaufen, da kann Geld gespart werden! Bei Futterknödeln auf das Haltbarkeitsdatum achten. Die ersten Angebote im Frühherbst stammen oft aus dem vorigen Jahr, da kann das Fett bei falscher Lagerung ranzig sein. Die Vögel fressen das dann nicht.
Bild 1: Eine Anordnung von Futterstellen in meinem Garten. An der der roten Querstange hängen Futterknödelspender und eine Eigenkonstruktion aus einem großzügig abgewinkelten Gitter, an denen die Futterspender angebracht sind. An dieser Konstruktion können alle Vogelarten Futter aufnehmen. Diese Konstruktion ist aber nicht waschbärsicher.
Im Hintergrund hängt ein 3kg Futterspender an einem Seil hoch im Baum. Die Ampel muss aber gut 100 cm Abstand zu umgebenden Ästen haben. In einer Woche ist der Inhalt verputzt. Der Spender kann mit dem Seil einfach herabgelassen werden. Diese Konstruktion ist sicher vor Plünderern. Sperlinge, Finken, Meisen, Spechte und Rotkehlchen kommen gut damit klar.
Bild 2: Eine hygienische Konstruktion, die sicher vor unerwünschten Plünderern ist. Eine Bauhöhe von 200 cm ist angeraten. Die dünne Stange besteht aus Edelstahl. Dieser Futterspender hat eine Plattform, die auch für Vögel bis Drosselgröße genug Platz bietet. Diese Bauart eines Futterspenders ist nach meiner Meinung optimal.
Bild 3: Weitere geeignete Futterspender
Bild 3.1: Ein hübsches Häuschen aber denkbar unhygienisch
Schon ab etwa 2000 habe ich begonnen weit über die reine Winterzeit hinaus zu füttern. Die geschilderten Probleme für die Arten hatte ich schon zu der Zeit wahrgenommen und entsprechend reagiert. Ich beginne also etwa im Oktober, es dauert dann schon sicher vier Wochen, bis sich die regionale Vogelwelt auf das neue Angebot eingestellt hat. Zuerst stets zaghaft, da ja die Natur wirklich noch einiges zu bieten hat. Reine Vegetarier, wie die Vögel aus der Familie der Finken kommen recht schnell und dominieren die Futterstellen: Gimpel, Grünfink und Buchfink sind das bei mir in erster Linie. Nicht viel später kommen Amsel, Buntspecht, Kleiber und einige Meisenarten hinzu. Von Anfang an sind immer die Ringeltauben da, die Boden nach Resten absuchen wollen. Wenn es dann später ins Jahr geht gesellen sich Arten hinzu, die umherstreifen und gerne bei meinen Futterstellen verweilen: so Stieglitz und der Erlenzeisig. Beide Arten verweilen als feste Trupps in Stückzahlen von ca 10 Individuen bis in den Vorfrühling, um dann wieder zu den heimatlichen Brutplätzen zu verschwinden. Im direkten Winter kommen auch schon einmal Rotdrosseln und Bergfinken, dann ist die Freude beim Beobachter besonders groß. Weitere Drosselarten und Kernbeißer ergänzen den Reigen. Die Heckenbraunelle sucht inzwischen auch am Boden nach Resten und das Rotkehlchen ist vorwitzig an allen Stellen zu finden. Alle kommen auf ihre Weise zurecht. Ich freue mich jedenfalls über jede Vogelart, die vorbeikommt. Das dürfen gerne auch Ringeltaube, Eichelhäher und Elster sein. Da gibt es keine Ausnahme. Die Einteilung in nützlich und schädlich gibt es nicht! Wenn von der oft häufig sehr üppigen Vogelschar dann immer wieder der seltene Mittelspecht und die Hohltaube angelockt werden, sehe ich meinen Einsatz besonders belohnt. Beide Arten brüten in meiner Region. Die Fütterung hat übrigens noch den Nebeneffekt, dass auch Mäuse davon profitieren. Das erfreut den Waldkauz, der auch den angrenzenden Wald bewohnt und gerne einmal eine mitnimmt. Seine Rufe sind in den winterlichen Nächten stets ein besonderes Erlebnis.
Bilder 04, 05, 06: Buntspecht, Eichelhäher und Mittelspecht - die kommen sehr gut mit der Gitterröhre klar (Febr. und März 2020 mit Fotofalle aufgenommen)
Bild 07: Der Gimpel besucht diesen Großspender von Schwegler sehr gerne (Febr 2020)
Bild 08: Auch Ringeltauben können sich an dieser Konstruktion hier gut bedienen (28.3.2020)
Bild 09: Hohltauben suchen den Boden nach Resten ab (7.4.2020)
Das Ganze zieht sich etwa bis Ende Mai hin, dann nehmen die Besucher merklich ab. Die Arten sind mit der Aufzucht ihrer Jungen beschäftigt und für die müssen Insekten gesammelt werden. Wenn dann im Juni selbst die Finkenvögel kaum noch Interesse haben, stelle ich die Fütterung ein. Die Natur hat also zum Glück doch noch etwas anzubieten, jedenfalls in meiner Region hier. Es gibt aber viele Gegenden, die nicht so aufgestellt sind. Wo auch in Frühjahr und Sommer inzwischen natürliche Futterknappheit herrscht. Es muss also je nach Örtlichkeit über die Dauer der Fütterung entschieden werden.
Überall wo in der freien Landschaft gefüttert wird kommen Kostgänger vorbei, die man nicht unbedingt haben möchte. Das ist immer so. Man kann das Problem aber minimieren. Mäuse sind sehr schnell da, verschiedene Arten sind möglich. Die Zeiten, dass Mäuse bei uns unbeherrschbare bedrohliche Schädlinge sind, sind eigentlich vorbei. Klar, dass sie sich in Gartenhütten und ähnlichem gerne ansiedeln. Das ist aber eher lästig als ein echtes Problem. Man muss wissen, dass Mäuse die Lebensgrundlage fast aller Beutegreifer in unserer Natur sind! Die sind ungeheuer wichtig für unser Ökosystem. Dafür zu sorgen, dass Populationen erhalten bleiben ist also erst einmal gut. Unter anderem leben alle Marderarten, Füchse, Greifvögel und Eulen im Wesentlichen von Mäusen. Hat man also nicht gerade eine heftige Mäusephobie, sollte man da tolerant sein. Anders sieht das bei dem Besuch von Wanderratten aus, die sind immer unerwünscht. Einzelne Tiere gehören durchaus auch in unser Ökosystem aber wenn man durch die Fütterung die Population künstlich erhöht, wird es problematisch. Weiterhin werden Freigängerkatzen angelockt, die leider immer wieder einen Vogel mitnehmen. Ganz neu und nicht zu unterschätzen ist das Heranlocken von Waschbären. Stellenweise ist das schon ein großes Problem, da von diesen Tieren wirklich Schäden am Eigentum verschiedenster Art verursacht werden. Eichhörnchen und Marder erscheinen natürlich auch, aber gegen diese Besucher hat ja kaum einer etwas einzuwenden.
Damit die unerwünschten Nager einen gewissen Abstand zum Wohnhaus einhalten, sollte also in einer gewissen Entfernung gefüttert werden. Unter dem Futterplatz sollte sich nicht viel Abfall ansammeln, das reduziert Kostgänger. Also regelmäßig sauber halten. Das Futter so anbringen, dass Nager und Waschbären es nicht erreichen können. Nager können sehr gut fast überall hinauf klettern. Ich habe festgestellt, dass eine dünne glatte Edelstahlstange offensichtlich Sicherheit bietet. Gestelle aus Holz gehen nicht. Zum Schutz gegen Waschbären muss diese Stange gut 2 m lang sein.
Längliche Futterampeln lassen sich gut in einen Baum hängen. Ich selbst habe dazu ein wetterfestes dünnes glattes Kunstfaserseil ca 5 m hoch über einen Ast geworfen. Daran hänge ich eine große Futterampel mit 3kg Inhalt und ziehe sie nach dem Befüllen wie an einem Galgen nach oben. In ca 100 cm Radius sollte sich kein Ast befinden, der Waschbären einen Ansitz bieten könnte. Ratten haben diesen weiten Weg dorthin noch nicht ausfindig gemacht. Weiterhin kann man Futter aller Art auch in eine große Gitterbox packen, so dass sie für die Waschbären nicht erreichbar werden.
Bild 10: Waldmaus in Hagen Halden (28.2.2010)
Bild 11: Wanderratte in Hagen Halden (12.1.2009)
Bild 12: Eichhörnchen (23.3.2020 mit Fotofalle aufgenommen)
Bild 13: Waschbär plündert die Futterstelle (8.3.2020 mit Fotofalle aufgenommen)
Bild 14: Steinmarder sucht nach Mäusen (13.3.2020 mit Fotofalle aufgenommen)
Die Filme 02 bis 04 zeigen Waschbären an der Futterstelle (März 2020 mit Fotofalle aufgenommen)
Grundsätzlich gilt natürlich, dass diese künstlichen Futtergaben nur eine Hilfe darstellen. Man will damit ausgleichen, was wir Menschen durch die Zerstörung der Lebensräume den Tieren genommen haben. Jeder kann auf seine Art versuchen sein landschaftliches Umfeld in der Form zu optimieren, dass stets was Essbares zu finden ist. Beete dürfen nicht zu aufgeräumt sein, Laub und abgestorbene Äste immer liegen lassen. Unter dieser Auflage gibt es viel zu finden. Die Triebe der Stauden so lange stehen lassen, bis der Samen herabgefallen ist. Ein Rasen sollte besser als Wiese wachsen, unzählige Insekten profitieren davon. Der Grünspecht freut sich über Ameisen. Unbedingt beerentragende Sträucher pflanzen. Die Blüte hilft den Insekten und die Früchte bilden dann eine gute Futterreserve. Nach den ersten Frostnächten werden diese ab etwa Januar gerne besucht. In der Regel so lange bis keine einzige Frucht mehr daran hängt. Bestens geeignet ist Liguster und beerentragender Efeu. Aber auch wilder Schneeball, Eberesche, Wildrosen, Zieräpfel mit kleinen Früchten, Schlehen, Weißdorn und Sanddorn werden immer gerne aufgesucht. Ein Hinweis: Feuerdorn hat unzählige Beeren, die aber nicht gefressen werden. Holunder und Traubenkirsche sind auch gut geeignet, die werden aber schon direkt nach der Reife im Frühsommer geplündert. Selbstverständlich kann man auch die Früchte seiner Beerensträucher und Obstbäume mit allen freilebenden Tieren teilen. Wal- und Haselnuss werden besonders gerne von Eichhörnchen aufgesucht.
Bild 15: Ringeltaube in einem fruchtenden Efeubereich (10.2.2021)
Bild 16: Seidenschwänze fressen einen Ligusterstrauch leer (HA Halden 6.1.2005)
Bild 17: Amseln haben diesen Ligusterstrauch leer gefressen (HA Halden 11.2.2021)
Bild 18: Alle Drosselarten fressen kleine Zieräpfel sehr gerne (12.2.21)
Fotomaterial: Stephan Sallermann
Aufgenommen in Witten Herbede bzw. in Hagen Halden