Flüsse und Bäche werden bundesweit in sogenannte Fließgewässertypen eingeteilt.
Diese Einteilung orientiert sich zunächst an den Naturräumen in Deutschland. Naturgemäß sind die Arten z. B. in alpinen Bächen andere als in Moor- oder Sandbächen. Ein weiteres Kriterium ist die Beschaffenheit des Untergrundes und der Gewässersohle. Fachleute bezeichnen das Sohlmaterial als Substrat.
Gewässer eines Typs weisen eine vergleichbare, charakteristische Tier- und Pflanzengemeinschaft auf.
Hier in Hagen liegen wir noch im Mittelgebirge. Die Bachsohle, in der die meisten Tiere leben, ist daher steinig. Unsere Bäche gehören zum Typ 5, den steinigen, kalkarmen Mittelgebirgsbächen oder fachlich korrekt zu den grobmaterialreichen, silikatischen Mittelgebirgsbächen.
Fotos: Bachsohle, typischer größerer Mittelgebirgsbach mit intakter Struktur (MKULNV)
Die Flüsse gehören zum Typ 9, den silikatischen, fein- bis grobmaterialreichen Mittelgebirgsflüssen bzw. Ruhr und Lenne zum Typ 9.2, den großen Flüssen des Mittelgebirges. Auch diese Flusstypen weisen eine grobschottrige bis kiesige Sohle auf.
Unsere Bäche
Die Mittelgebirgsbäche sind in der Regel nicht tief. Sie fließen aufgrund des hohen Gefälles schnell und turbulent. Natürlicherweise wechseln sich flache, schnell fließende Bereiche mit strömungsberuhigten, tiefen Stellen ab. Die Gewässersohle verfügt über ein ausgeprägtes Lückensystem mit hohem Sauerstoffgehalt. Totholz und große Steine bieten Schutz vor der Strömung. In ruhigen Bereichen finden sich auch sandige oder seltener schlammige Stellen und zersetztes Laub. Mittelgebirgsbäche und -flüsse sind eher kühl, sauerstoffreich und nährstoffarm.
Natürlicherweise sind die Bäche sehr artenreich. Viele Gewässerbewohner sind Insekten bzw. Insektenlarven wie z. B. Eintagsfliegen, Köcher- und Steinfliegen oder Libellen. Wie die Eintagsfliege verbringen viele Insekten fast ihr ganzes Leben als Larve im Wasser und verlassen die Bäche und Flüsse als ausgewachsenes Insekt nur für kurze Zeit um sich zu paaren.
Fotos: Eintagsfliege Ecdyonurus – Larve und flugfähiges Insekt (© Eiseler)
Die Insektenlarven ernähren sich z.B. von abgestorbenen Pflanzenresten, räuberisch von anderen Wasserinsekten, oder sie grasen den Algenrasen auf den Steinen ab. Dabei bilden sie eine wichtige Nahrungsquelle für die in Mittelgebirgsbächen heimischen Fische Groppe, Bachforelle und Schmerle und auch für die Wasseramsel.
Foto: Koppe oder Groppe (© Stemmer), Wasseramsel (© N. Lemke)
Höhere Wasserpflanzen sind in den meist stark beschatteten Mittelgebirgsbächen kaum zu finden; sondern hier wachsen vor allem Wassermoose.
Viele unserer Bäche in Hagen wurden begradigt, verlegt oder verrohrt. Der ursprünglich vorhandene Laubmischwald wurde entfernt oder durch Fichtenmonokulturen ersetzt. Wehre und Sohlschwellen zerstückeln die Bäche, Befestigungen zwingen sie in ein enges Korsett. Die abwechslungsreiche Gewässerstruktur wurde eintönig und bietet nicht mehr allen typischen Arten Wohnraum und Nahrungsgrundlage. Hinzu kommen Einträge aus kleinen Kläranlagen, von Straßen oder aus der Landwirtschaft.
Unsere Flüsse
Flüsse im Mittelgebirge wie Ruhr, Lenne, Volme und Ennepe besitzen natürlicherweise einen flachen Gewässerquerschnitt. Die Breite ist erheblich größer als das, was wir heute sehen. In dem flachen Profil wechseln rasch fließende und ruhigere Abschnitte ab. Das Sohlsubstrat besteht überwiegend aus Schotter und Steinen, in ruhigeren Abschnitten treten auch Kies, Sand und Schlamm auf. Bei größeren Hochwässern verlagern Mittelgebirgsflüsse ihr Bett und lassen ausgeprägte Kies- und Schotterbänke entstehen. Diese nach Hochwasserereignissen immer neu entstehenden Kiesbänke werden von zahlreichen Käferarten und kiesbrütenden Vögeln wie dem Flussregenpfeiffer besiedelt.
Typischerweise verläuft der Fluss in schmalen Tälern wie denen der Ennepe und der Volme schwach geschwungen und vielfach verzweigt. Die Gewässerlebensgemeinschaft ist aufgrund der variantenreichen Sohlstruktur und großen Strömungsvielfalt sehr artenreich. Beim Makrozoobenthos finden sich sowohl strömungsliebende Arten in den schnell fließenden Abschnitten als auch Sand- und Schlammbewohner in den strömungsberuhigten Bereichen. Dominante Fischart ist die Forelle. Diverse Moose sind typisch für kleinere Mittelgebirgsflüsse ebenso wie verschiedene Wasserhahnenfußarten, Wasserstern (Callitriche) und Tausendblatt (Myriophyllum).
Fotos: Bachforelle (© Stemmer), Myriophyllum (Raschke)
Große Flüsse wie die Lenne und die Ruhr in Hagen verfügen im Ursprungszustand über ausgeprägte Auen, in denen der Fluss weite Schleifen bildet. Das Makrozoobenthos ist ebenfalls noch sehr artenreich, wobei neben den strömungsliebenden Arten (aus den Nebenflüssen und -bächen) zunehmend Tieflandarten u.a. Schnecken und Muscheln anzutreffen sind. Bei den Fischen besiedeln mit abnehmendem Gefälle immer mehr karpfenartige Flussfische wie Barbe, Döbel, Hase und Nase die Gewässer. Die Ruhr und ihre Nebenflüsse gehörten in der Vergangenheit zu den lachsreichsten Fließgewässern in Nordrhein-Westfalen. Wassermoose sind in den großen Flüssen kaum noch anzutreffen; stattdessen kommen neben den Hahnenfußgewächsen und Wassersternarten mehr höhere Wasserpflanzen hinzu.
Foto: Barbe (© Stemmer), Flussregenpfeiffer (© N. Lemke)